top of page
  • David Crean

Vorsätze



Hattest du dieses Jahr Neujahrsvorsätze für dich gemacht?


Es wurde so etwas wie eine Tradition, ein Selbst zu erträumen, das wir gerne wären und dann die entsprechenden Ziele zu setzen, die es zu erreichen gilt. Wir möchten uns selber verbessern, besser werden – oder zumindest anders – als wir sind. Wir geloben feierlich mit dem Rauchen aufzuhören oder fitter zu werden, Gewicht zu verlieren, das Spielen eines Instruments zu erlernen, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen. Kurz gesagt, wir versprechen besser zu sein.


Doch schon der Beginn des Februars zeitigt einen Wust an aufgegebenen Vorsätzen. Und was machen wir? Wir prügeln uns selbst, weil wir nicht besser sind. Wir sehnen uns nach in der Zukunft liegenden Zuständen von Erfolg und Glückseligkeit, begründet auf der Annahme, dass so, wie wir jetzt sind, nicht gut genug ist. Du magst dich vielleicht selber bei dem Gedanken ertappen, „Wenn ich es nur richtig hinbekomme, wenn ich nur ‚richtig’ sein kann, dann werde ich ok und alles wird in Ordnung sein.“ Oder umgekehrt, „Ich habe alles versucht und noch immer funktioniert es nicht!“


Es noch härter zu versuchen ist eine typische Reaktion auf Misserfolg; wir beschließen, uns noch mehr zu bemühen und bestrafen uns mit dem Gedanken, dass wir nicht genug Willenskraft haben. Und wenn wir nicht gerade damit beschäftigt sind, uns zum Besseren zu pushen, dann sind wir mit dem Wollen beschäftigt, dass der Andere anders sei, so dass wir uns besser fühlen können.


Wir leben in einer unbarmherzig fordernden Kultur, in einer Leistungsgesellschaft, die auf Verbesserung besteht – Wachstum ist das Maß für Wohlstand und somit für Erfolg. Es ist übermächtig und leicht kann man durch diesen Druck und seine Illusion von Erfolg zermürbt werden, leicht  setzen wir sogar unsere Gesundheit und Wohlbefinden zur Verfolgung einer effizienten Zielerreichung ein.


Wenn du dieses Szenario erkennst, frage dich, “Was versuche ich zu erreichen?”

Bevor ich diesen Beitrag zu schreiben begann habe ich mir unbewusst die Aufgabe gesetzt, etwas Erhebendes zu schreiben. Als ich mich dann zum Schreiben niedersetzte, fühlte ich mich nicht sehr erhebend. Ich fand es schwierig irgendetwas zu schreiben bis ich mir dessen bewusst wurde, dass ich mir selbst eine unmögliche Aufgabe gestellt hatte: der Überbringer einer erhebenden Botschaft zu sein …. Selbst wenn ich keine Idee habe, was für dich erhebend sein könnte!


So formuliert hört sich das dumm an, nicht wahr? Und doch, ist es nicht das was wir tun, wenn wir uns vornehmen, irgendwie besser zu *sein*, wenn wir die Tiefe aus den Augen verlieren, die in jedem von uns existiert? Wenn wir aufhören, auf die Wahrheit, die unser Herz uns sagt, zu hören.


Das ist die Macht eines Gedankens: ich konnte nicht zu schreiben beginnen bevor ich nicht diese schwächende Idee losgelassen hatte und akzeptiert habe, dass diese Worte vielleicht in niemandem Resonanz finden.


Vor einigen Tagen war ich auf dem Weg nach Hause. Ein kalter Wind blies und es regnete. Ich hielt meine Jacke mit fest in die Taschen geklemmten Händen zu, meinen Körper gegen den Wind gebeugt. Ich bemerkte, wie mein Gesicht sich zu einer Grimasse verzogen hatte. Ich konnte die Spannung fühlen, die in meinem Körper aufstieg. Es schien, als würde ich mich schützen. „Gegen was?“, dachte ich, “Was ist das, was ich zu ertragen versuche? Warum gehe ich auf diese Art und Weise, ein Mann, gebeugt von seinem Leben?“


Ich richtete mich auf, fühlte meine Schultern sich entspannen. Mit einem Mal fühlte sich der Regen erfrischend an, sogar angenehm, anstatt als etwas, gegen das man ankämpfen muss. Die kühlen Regentropfen auf meinem Gesicht wurden angenehme Empfindungen. Meine gebeugte Haltung schien mir absurd; sie hielt mich definitiv nicht trockener. Ich bemerkte eine Frau auf der anderen Straßenseite, ohne Zweifel nach Hause eilend, ganz nach vorne gebeugt in einer mir nicht unähnlichen Weise. Ein kleiner Junge trottete neben ihr her. Er war ganz zugeknöpfte in einem leuchtend gelben Regenmantel, die Kapuze auf. Mutter und Sohn völlig nass gespritzt vom Regen. Der Junge trat in eine Pfütze. Dann schaute er mit einem Lächeln zu mir, das seine pure Freude des In-Pfützen-Springens ausstrahlte.


Viele Menschen denken, dass Freude und Unbeschwertheit sich dann einfinden, wenn sie bessere Partnerschaften haben, mehr Geld oder was immer man mit Erfolg als Voraussetzung verbindet. Dieser Junge hatte diese Dinge noch nicht gelernt; er erlebte einfach sein Entzücken und war glücklich es mit jedem zu teilen, der ihm vielleicht zusah.


Ich fühlte ihm gegenüber Dank für sein unkompliziertes Vergnügen. Glückseligkeit ist nichts, was wir aktiv suchen können; vielmehr folgt Glück einfach der engagierten Teilhabe am Gegenwärtigen; ohne einen Gedanken darauf zu verwenden, irgendetwas *sein* zu wollen.


Wenn du einmal Freude erlebst und dich leicht und unbefangen fühlst, dann wir meiner Erfahrung nach auch Leichtigkeit und Fülle folgen. Wir alle brauchen es, etwas Platz in unseren Leben für ein wenig Pfützenhüpfen zu schaffen. Dafür, etwas ohne irgendeinen Grund zu tun, außer aus Spaß an der Sache.



bottom of page